Das Bewusstsein für Ungleichheiten im Unternehmertum wächst – und dennoch ist die Start-up-Szene in Deutschland auch 2025 noch stark von Männern geprägt. Das zeigt sich vor allem bei den Gründungen: Mit nur 19 Prozent ist der Anteil von Frauen hier nach wie vor moderat und gegenüber dem Vorjahr sogar gesunken (Startup-Verband, 2024). Das stellt nicht nur ein gesellschaftliches Problem dar, sondern auch ein wirtschaftliches. Denn frauengeführte Unternehmen setzen häufig verstärkt auf Innovation und Nachhaltigkeit – und sind zudem oft effizienter. Für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sind sie dadurch entscheidend. Dafür spricht schon allein die Innovationskraft von divers geführten Unternehmen wie Shit2Power, LipoCheck, Aion Sustainability Solutions oder Coderitter.
Gender Funding Gap: Ungleiche Verteilung von Wagniskapital
Wie erklärt sich also die fehlende Repräsentanz von Frauen in der Start-up- und Innovationslandschaft? Wie so oft gibt es mehr als eine Antwort. Und wie so oft liegt eine der Ursachen im ungleichen Zugang zu Kapital: Studien zeigen, dass nur rund zwei Prozent des in Deutschland investierten VC-Kapitals in Gründungsteams fließen, die ausschließlich mit Frauen besetzt sind (EY, 2024). Ein Gender Funding Gap ist hier mehr als deutlich erkennbar. Dazu tragen unter anderem Gender Bias bei Investment-Präferenzen und eine ebenfalls fehlende Repräsentanz von Frauen innerhalb der Investment-Szene bei – zuletzt lag der Anteil weiblicher Business Angels in Deutschland bei gerade einmal 13,6 Prozent (Bitkom, 2025).
Hinzu kommt, dass Frauen öfter in Branchen mit gesellschaftlichem Mehrwert wie Gesundheit, Bildung oder Nachhaltigkeit gründen. Trotz des eindeutigen Nutzens gelten diese Bereiche wegen ihrer geringen Kapitalintensität als weniger attraktiv für Business Angels und potenzielle Kapitalgeber. Im Gesundheitssektor stellen zudem langwierige Zulassungszyklen eine zusätzliche Herausforderung bei der Gründung dar.
Schwierige Vernetzung und Care-Arbeit als Hürden bei der Gründung
Eine weitere Ursache für die Dominanz männlich geführter Start-ups liegt in den Möglichkeiten der Vernetzung. Für Start-up-Teams gilt das passende Netzwerk als Schlüsselfaktor bei der Gründung. Doch auch hier haben Gründer einen Vorteil gegenüber Gründerinnen – denn sie bewegen sich häufig bereits in bestehenden Netzwerken und gelangen so einfacher an Investments, Partner oder Fachkräfte. Frauen können dagegen seltener auf vorhandene strategische Kontakte zurückgreifen und finden oft erst in spezialisierten Female-Founder-Netzwerken Anschluss.
Für Ungleichheit sorgt außerdem die oftmals fehlende Vereinbarkeit von Familie und Unternehmertum: Frauen sehen sich bei der Gründung einer größeren Herausforderung gegenüber, weil sie stärker in die Care-Arbeit eingebunden sind (KfW Research, 2022). Fehlende Kinderbetreuungs- und Einkommensausgleichmöglichkeiten sowie unzureichende Regelungen für selbstständige Mütter verhindern in vielen Fällen gar den Schritt zur Unternehmensgründung.
Verschenkte Chancen: Warum die Wirtschaft Female Founders braucht
Die Hürden sind für Frauen in der Start-up-Welt demnach noch immer groß. Und das, obwohl sich frauengeführte Start-ups bereits als Chance für eine zukunftsfähige Wirtschaft offenbart haben – gerade im Sinne von Effizienz und Profitabilität. Denn sie generieren oftmals höhere Umsätze und Kapitalrentabilität als rein männliche Gründungsteams (Skopec, 2024). Eine Studie der Boston Consulting Group ergab bereits 2018, dass Start-ups, die von Frauen gegründet wurden, pro investiertem Dollar doppelt so viele Einnahmen hatten.
Daneben integrieren Female Founders deutlich öfter Diversität, Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Mehrwert in ihre Unternehmensstrategien. Ihre Geschäftsmodelle orientieren sich häufiger an gesellschaftlichen Problemstellungen und treiben Innovationen auch auf sozialer Ebene voran. Die Digital Hub Initiative wies zudem schon 2022 darauf hin, dass jede zweite Gründerin in Deutschland mit einem geschlechterübergreifenden Team startet, während das nur jeder 15. Mann tut. Gleichzeitig gelten frauengeführte Start-ups als resilienter, weil sie sich auf krisenresistentere und weniger kapitalintensive Branchen konzentrieren und sie zudem seltener aus ihren Unternehmen aussteigen.
Unterstützung für Unternehmerinnen und Gründerinnen wächst
Das zeigt: Die Stärkung von Gründerinnen in der Start-up-Welt lohnt sich langfristig für Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen. Dafür muss ihnen zukünftig der gleiche Zugang zu Chancen, Kapital und Wachstumsmöglichkeiten geboten werden wie Männern. Ebenso wichtig sind die Erhöhung des Frauenanteils in der VC-Branche, die Überwindung von Geschlechterklischees und die Schaffung von mehr Sichtbarkeit bereits erfolgreicher Unternehmerinnen. Denn davon gibt es schon heute viele, zum Beispiel im Fall von
In Deutschland arbeiten mittlerweile zahlreiche Akteure daran, den Status Quo aufzubrechen. Unter anderem setzen sich Programme wie EXIST Women, Emerging Manager Facility und die Women Angels Mission ‘25 dafür ein, den Gender-Funding-Gap zu schließen sowie den Anteil von Business-Angel-Investorinnen innerhalb der Investment-Szene zu erhöhen. Für einen fairen Start ins Unternehmertum brauchen Frauen außerdem bessere Möglichkeiten der Vernetzung, für die sich bundesweit viele Initiativen wie beispielsweise ShetransformsIT, Frauen unternehmen und “FRAUEN in Mittelstand, Handwerk, Gründungen und Start-ups“ stark machen.
Auch die de:hub Initiative trägt dazu bei, Gründerinnen und gründungsinteressierte Frauen zu fördern – und wird entsprechende Maßnahmen in Zukunft ausbauen. Mit gezielten Programmen, Mentoring-Möglichkeiten und Finanzierungsangeboten soll der Schritt ins Unternehmertum unterstützt und gleichzeitig Sichtbarkeit geschaffen werden. Das Ziel: Mehr Mut zur Gründung, mehr Female Founders, mehr Impact für Deutschland!
Quellen:
https://www.bcg.com/publications/2018/why-women-owned-startups-are-better-bet