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Der deutsche Mittelstand: Zwischen Tradition, Innovation und Digitalisierung

Einer der wichtigsten Akteure der deutschen Wirtschaft ist der Mittelstand – laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, sind 99,5% aller deutschen Unternehmen Mittelständler. Damit tragen sie mit rund 61% zur gesamten Netto-Wertschöpfung bei und stellen 55% der Arbeitsplätze. Sie sind somit entscheidend für Stabilität und Fortschritt. Aber was brauchen mittelständische Unternehmen um Innovationen voranzutreiben und somit auch aktuellen Herausforderungen begegnen zu können? 

An der Antwort auf diese Frage arbeitet man im Future Industries Hub in Stuttgart. Die lange Tradition in den Bereichen Maschinenbau und Automobil in Baden-Württemberg, ist ein großer Treiber für die Region und darüber hinaus: Mit einem Umsatz von 309 Milliarden Euro und einem Wertschöpfungsanteil der Industrie von 32,5 % ist das Bundesland das stärkste Industrieland in Deutschland. Und weil hier Erfindergeist auf industrielle Tradition trifft, schafft es der Hub unter seinem Dach etablierte Unternehmen mit bekannten Forschungseinrichtungen und innovativen Start-ups zu vereinen. Gemeinsam kreieren sie digitale Lösungen in den Bereichen Smart Products, Mobility und Industrie 4.0. Sie ebnen so den Weg in eine vernetzte Welt. Das heißt konkret: Förderung von Kooperationen und das gemeinsame Erkennen und Etablieren neuer, digitaler Konzepte. Folgende Beispiele sind im Hub richtungsweisend für eine optimale Umsetzung. 

Best Cases aus dem Future Industries Hub 

Das Start-up Ilariz vermindert Ausschuss in der Stahlproduktion mithilfe einer entwickelten Technologie im Bereich Sensorik. So können nicht nur ökonomische Vorteile generiert werden, denn durch die Reduzierung des Energieaufwandes wird auch die Produktion nachhaltiger. 

Flip hat eine App für die interne Mitarbeitenden-Kommunikation der operativen Belegschaft entwickelt und damit 2.200 Filialen der Dirk Rossmann GmbH deutschlandweit vernetzt. Rossmann verbindet damit alle Beschäftigten zu einem internen digitalen Netzwerk, das Mitarbeitende entlastet und eine offene Feedbackkultur fördert.

Auch im Hub Stuttgart angesiedelt ist das Start-up aucobo. Es hat eine intelligente Shopfloor Organisationslösung entwickelt, mit der die Kommunikation dezentralisiert wird und zusammengefasste Informationen zur richtigen Zeit an den richtigen Ort geliefert werden. 

Diese Start-ups zeigen auf, wie Kooperationen funktionieren und durch die Etablierung nachhaltiger und effizienter Technologien Wettbewerbsvorteile geschaffen werden können. Manager des Future Industries Hub und Geschäftsführer von CODE_n, Christian Lorenz, weiß aber auch um die Schwierigkeiten einer zukunftsorientierten Weiterentwicklung von Unternehmen: “Bei Corporates gibt es meistens eigene Innovationsabteilungen und sie haben auch die notwendigen Ressourcen. Das Problem ist häufig, dass Strukturen erstarrt sind. Es braucht aber agiles Arbeiten für Fortschritt. Bei den KMUs gibt es oft keine Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner und Ressourcen sind viel knapper aufgestellt. Auch die Angst vor einer tiefgreifenden Veränderung im eigenen Unternehmen ist ein großer Faktor.” Der Future Industries Hub geht hier auf den Mittelstand zu und motiviert Unternehmen den ersten Schritt zu gehen und aus der Fülle von Angeboten auch welche auszuprobieren. Also: Digitalisierung einfach machen.

Konkrete Herangehensweisen für Innovationen 

“Der Fokus liegt beim Mittelstand oft noch auf Basisthemen der Digitalisierung, also analoge Prozesse erstmal digital abzubilden. Dabei sind insbesondere KMUs oft sehr veränderungsfreudig da der Mittelstand von seinen Kernstrukturen her flache Hierarchien besitzt. Oft fehlt aber die Kapazität, neben dem Tagesgeschäft, noch über Innovationen im eigenen Unternehmen nachzudenken”, weiß Dr. Martin Allmendinger, Co-Founder und Managing Director der OMM Solutions, Partnerunternehmen des Future Industries Hub Stuttgart. Ihr Geschäftsmodell dockt genau hier an: Mit Innovation as a Service an helfen sie, verschiedene Bereiche des Innovationsprozesses einfach outzusourcen.  Aber auch seitens des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gibt es eine Reihe an Förderprogrammen, die dem Mittelstand kontinuierlich zu mehr Innovation und Digitalisierung verhelfen: Die Förderrichtlinie “go-digital” ist zum 01. Januar 2022 erneut in Kraft getreten. Auf ihrer Grundlage fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Handwerksbetriebe zukünftig noch zielgerichteter und passgenauer in der Digitalisierung. Insgesamt stellt das BMWK hierfür Fördermittel in Höhe von 72 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2024 zur Verfügung. Auch die Initiative Mittelstand.Digital unterstützt den Mittelstand bei allen Fragen rund um die Digitalisierung. Mittelstand-Digital unterstützt kleine und mittlere Betriebe mit den Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren bei allen Fragen rund um die Digitalisierung.  Die Zentren helfen den Unternehmen, den Stand der eigenen Digitalisierung einzuschätzen,  entwickeln gemeinsam mit ihnen einen individuellen Digitalisierungsfahrplan und unterstützen sie bei der  Auswahl und Umsetzung geeigneter Maßnahmen. Auch bei den Fragen,  ob eine technische Lösung wirtschaftlich sinnvoll ist und welche Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden müssen,  stehen die Zentren den Betrieben zur Seite.

Eine Hürde bleibt aber nach wie vor die Bürokratie in Deutschland. Innovative Bestrebungen scheitern oft an gesetzlichen Rahmenbedingungen, da es eigens dafür Expertinnen oder Experten braucht – Projekte werden also teilweise gar nicht erst begonnen.  Auch diesem Problem kann mit Hilfe der Digitalisierung im öffentlichen Sektor entgegengewirkt werden. 

War of Talents - was jetzt?

Ein weiteres zentrales Problem, mit dem sich der Mittelstand in Deutschland, aber vor allem auch in der Region Baden-Württemberg konfrontiert sieht, ist der Fachkräftemangel. Große Konzerne und etablierte Unternehmen ziehen Talente, aufgrund attraktiverer Arbeitnehmer Angebote an und locken Absolventinnen und Absolventen mit internationalen Weiterbildungsmöglichkeiten.

Um hier aktiv entgegensteuern zu können, sollten mittelständische Unternehmen die Art und Weise, wie sie junge Talente ansprechen, ändern und neue Strategien entwickeln. Hier macht es Sinn, sich an größeren Unternehmen zu orientieren und verstärkt Maßnahmen des Employer Branding einzusetzen. So kann die eigene Marke gestärkt werden, was das Unternehmen wiederum als attraktiven Arbeitgeber bei potenziellen Bewerberinnen und Bewerber positioniert. Darüberhinaus müssen Rahmenbedingungen für Innovation verbessert werden, insbesondere wenn es um den Ausbau des 5G-Netzes oder um einen vereinfachten Zugang zu Innovationsförderungen geht. Außerdem ist das Teilen von Erfahrungswerten, nicht nur zwischen Mittelstand und Start-ups, sondern auch mit konkurrierenden Unternehmen unumgänglich. Denn nur durch das Schaffen von Synergien kann die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, Entwicklungspotenziale geweckt und der deutschen Mittelstand nachhaltig fit für die Zukunft gemacht werden.

Jetzt auch in die aktuelle Podcast Folge zum Mittelstand reinhören - verfügbar über unseren Blog, Spotify, Apple und Soundcloud. 

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